Wald mit Spaziergang

Product Carbon Footprint

Ein Product Carbon Footprint und Lebenszyklusanalyse (LCA, Life Cycle Assessment) erfasst systematisch alle Treibhausgasemissionen sowie sämtliche Auswirkungen eines Produktes oder einer Dienstleistung auf die Umwelt.

Vorgehen bei der Berechnung des Product Carbon Footprints

Zielsetzung und Wahl der funktionellen Einheit

Zunächst sollte geklärt werden, zu welchem Zweck ein PCF berechnet werden soll, was die Motivation dahinter ist und was man sich davon für einen Nutzen erhofft. Danach kann der grobe Rahmen und die Systemgrenze festgelegt werden.

Wenn bestimmt ist, von welchem Produkt der PCF ermittelt werden soll, muss eine funktionelle Einheit definiert werden, auf die sich die Bilanzierung bezieht. Die funktionelle Einheit ist eine Bezugsgrösse und sollte plausibel und leicht verständlich sein, und sich an der Zielgruppe orientieren.

Produktsystem

Ein Product Carbon Footprint ist die Treibhausgasbilanz aller emittierten und entzogenen Treibhausgase in einem Produktsystem (jeweils CO2-Äquivalente). Die Bilanz umfasst die Summe aller Massen-, Energie- und Abfallströme über den gesamten Lebenszyklus des Produkts. Das Produktsystem bezieht sich immer auf die vorab definierte funktionelle Einheit des Produkts.

Lebenswegphasen eines Produkts

Die Berechnung des PCF basiert auf dem Lebenswegansatz, mit den wichtigsten Lebenswegphasen:

  • Gewinnung der Rohstoffe
  • Verarbeitung der Rohstoffe zu Vorprodukten
  • Herstellung des Produkts
  • Distribution
  • Nutzung
  • Entsorgung und Verwertung

Die emittierten Treibhausgase müssen den Lebenswegabschnitten zugeordnet werden können, in denen diese auftreten.

Das Produktsystem wird mit einem Systemfliessbild beschrieben und sollte alle zum Produktlebensweg gehörenden wesentlichen Prozesse beinhalten, mindestens jedoch die folgenden Elemente:

  • Systemgrenzen
  • einzelne Lebenswegphasen
  • Kennzeichnen des Produktweges
  • wesentliche Prozesse der einzelnen Phasen
  • Prozesse, die ausserhalb der Systemgrenze liegen und vernachlässigt werden können
  • Kennzeichnung der inner- und ausserbetrieblichen Prozesse

Festlegung der Systemgrenze und Auswahlwesentlicher Prozesse

In einem ersten wichtigen Schritt muss die Systemgrenze festgelegt werden. Diese legt fest, welche Prozesse und welche In-/Outputs bei der Berechnung einbezogen werden sollten resp. vernachlässigt werden können. Je nach Zielsetzung reicht auch ein partieller PCF (cradle-to-gate). Die Festlegung der Systemgrenze sollte plausibel und nachvollziehbar sein, da sie grossen Einfluss auf die Aussagekraft und Vergleichbarkeit des PCF hat. Aufgrund der Komplexität einer PCF-Berechnung muss vielfach während des Prozesses der Bilanzierung die Systemgrenze angepasst werden.

Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze für die Berechnung eines Product Carbon Footprints:

cradle-to-grave

Klimawirkung eines Produkts von der Wiege bis zur Bahre. Dies ist eine vollständige Analyse der THG-Emissionen entlang des gesamten Lebenszyklus eines Produkts, mit allen relevanten Lebenswegphasen von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und Verwertung (Recycling) des Produkts.

cradle-to-grave

Partielle (vereinfachte) THG-Bilanz eines Produktes von der Wiege bis zum (Werks)-Tor. Beinhaltet alle THG-Emissionen bis zur Fertigstellung des Produkts, jedoch ohne Nutzungsphase und Entsorgung.

Man bestimmt mittels der Systemgrenze den technologischen (welche Methoden/Technologien einbeziehen), räumlichen und zeitlichen Bereich, der von der Bilanzierung abgedeckt werden soll. Die geographische Systemgrenze ist relevant vor allem hinsichtlich der teilweise grossen Unterschiede beim Energiemix verschiedener Länder. Der Bilanzzeitraum ist die Dauer des Produktlebensweges von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung (cradle-to-grave), resp. bis zur Fertigstellung des Produktes (cradle-to-gate).

Betrachtete Lebenswegphasen bei einer cradle-to-gate-, gate-to-gate- und einer cradle-to-grave-Bilanzierung

Bilanzierung

Für die Berechnung des Product Carbon Footprints müssen alle im Lebenszyklus des Produkts wesentlichen Materialien, Aktivitäten und Prozesse identifiziert werden. Der Energieverbrauch ist meist die grösste Quelle von THG-Emissionen. Das Bilanzergebnis sollte innerhalb der Systemgrenze alle THG-Emissionen und Entzüge aus biogenen und nicht-biogenen (fossilen) Quellen und Landnutzungs-änderungen berücksichtigen.

Formeln

E = A x EF
E = Emissionen in kg CO2-eq/funktionelle Einheit
A = Aktivitätsdaten in Mass-, Volumen- oder Energieeinheit
EF = Emissionsfaktor in kg CO2-eq pro Masseinheit

Gemäss GHG Produktstandard müssen die im Kyoto-Protokoll erfassten Treibhausgase berücksichtigt werden: Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Schwefelhexafluorid (SF6), teilhalogenierte Fluorkohlenwasser-stoffe und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW).

Die Angabe der Treibhausgasemissionen ist in CO2-Äquivalenten, einer universellen Masseinheit zur Angabe des GWP (Global Warming Potentials), in Einheiten Kohlendioxid ausgedrückt. Eine Einheit Methan bspw. hat eine 25-mal stärkere Klimawirkung als CO2, und entspricht damit 25 Einheiten CO2-eq.

Die Ermittlung eines Product Carbon Footprints ist in der Regel relativ komplex und aufwändig, da entlang des Lebenszyklus eines Produkts viele verschiedene Akteure, Prozesse und Standorte beteiligt sein können.

Reduzierung der Komplexität

Der Aufwand des PCF ist abhängig von:

  • Komplexität des Produktes
  • Menge und Herkunft der benötigten Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffe resp. Vorprodukte
  • Anzahl Akteure und Standorte entlang des Produktlebensweges
  • Koppelprodukte
  • Reststoffe und Entsorgung
  • Betriebsdatenerfassung (Energiedaten, Hilfs- und Betriebsstoffe)

Damit das Produktsystem nur wesentliche Prozesse enthält und die Berechnung nicht zu aufwändig wird, können kleinere Prozesse ausgelassen werden (ausserhalb Systemgrenze). Als Ausschlusskriterium kann z.B. festgelegt werden, dass alle Prozesse die gemäss einer Schätzung weniger als 1 % der gesamten THG-Emissionen verursachen, ausgelassen werden können.

Allokation

Häufig kommen Koppelprodukte vor, wenn im Verlauf der Herstellung eines Produkts weitere (Neben)-Produkte entstehen. Die Energie- und Stoffflüsse, resp. die verursachten Treibhausgasemissionen müssen dann anteilmässig auf alle Produkte verteilt werden (Allokation). Nebst der Produktion tritt Allokation auch häufig auf beim Transport und Recycling auf. Es sollte für die Bilanzierung eine Allokationsmethode mit Kriterien festgelegt werden. Häufig wird die physikalische Allokation angewandt. Dabei werden für die Zuteilung der Inputs und Outputs zum Produkt und Koppel-produkt z.B. die Masseanteile der Produkte oder der Energiewert verwendet. Bei der Allokation sollte gemäss GHG Produktstandard mit konservativen Ergebnissen (höheren Emissionen) gerechnet werden.

Datenerhebung

Die Datenbeschaffung ist bei der Berechnung eines PCF meist mit dem grössten Aufwand verbunden, da häufig verschiedene Länder und Betriebe beteiligt sind. Daher ist auch Transparenz erforderlich. Die Daten sollten möglichst einheitlich erhoben werden, damit sie umgerechnet werden können in die Referenzeinheit (meist THG-Emissionen in kg CO2-eq).

Im Vorfeld sollte eine Schätzung/Wesentlichkeitsanalyse (evtl. mithilfe von Sekundärdaten) durchgeführt werden, um die Relevanz verschiedener Prozesse zu ermitteln. Für diejenigen Prozesse, die einen grossen Anteil an den Emissionen haben, sollte die Datenerhebung möglichst genau sein. Für die Erhebung der Primärdaten von den Lieferanten können Fragebogen verwendet werden.

Es gibt grundsätzlich drei Datentypen:
Direkte Emissionsdaten

durch einen Prozess direkt emittierte Treibhausgase (Messung oder Berechnung)

Aktivitätsdaten

gemessen, berechnet oder modelliert, meist Material-, Abfall- oder Energieverbräuche, z.B. kWh, Diesel, Rohstoffverbrauch

Emissionsfaktoren

Mit Hilfe von Emissionsfaktoren können Aktivitätsdaten in THG-Emissionen umgerechnet werden.

Bei der Datenbeschaffung werden Primär- und Sekundärdaten gesammelt (Sachbilanz).

Primärdaten

Primärdaten sind Aktivitätsdaten oder häufigauch direkte Emissionsdaten. Diese werden für einen spezifischen Prozess im Produktsystem erhoben, meist Mengen der Energieträger, Vorprodukte, Roh- Hilfs und Betriebsstoffe. Gemäss GHG Produktstandard müssen Unternehmen Primärdaten erheben für alle Prozesse, die in ihrer Kontrolle oder ihrem Besitz sind. Für Prozesse, die nicht unter der Kontrolle des bilanzierenden Unternehmens stehen, oder von denen keine direkten Emissions- oder Aktivitätsdaten verfügbar sind, können Sekundärdaten verwendet werden.

Sekundärdaten

Sekundärdaten sind Ökobilanzdaten aus wissenschaftlichen Datenbanken, oder Input-Output Daten. Dies sind statistische Daten zu Treibhausgasintensitäten (kg CO2-eq pro Euro/Fr.) für verschiedene Produktionsbereiche oder Branchen. Anerkannte Sekundärdatenbanken sind ecoinvent (kostenpflichtig) oder ProBas (frei). Für vor- und nachgelagerte Prozesse werden meist Sekundärdaten verwendet.

Als Datenquelle für Verbräuche von Roh- und Hilfsstoffen und Abfallmengen eignen sich auch Daten aus Rechnungen oder aus dem Warenwirtschaftssystem. Wenn keine Primärdaten erhoben werden können oder keine Sekundärdaten verfügbar sind, entstehen Datenlücken. Diese sollten möglichst vermieden werden, um die Ungenauigkeit der Berechnung minimal zu halten. Datenlücken sollten mit geschätzten Daten oder Stellvertreterdaten (ausähnlichen Prozessen) ersetzt werden.

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